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Tags: Crowdpublishing, Crowdsourcing, Crowdfunding, Buchveröffentlichung
Autor/in: Caroline Breitfelder
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Crowdpublishing stellt sich vor

„Crowdpublishing“. Hmm. Wieder einer dieser hübsch klingenden englischen Begriffe, hinter denen sich alles und nichts verbergen kann. Wenn ich nun sagen würde, dass sich Crowdpublishing zusammensetzt aus Crowdfinancing und Crowdsourcing? – Dann käme wohl ein neuerliches Hmm. Verständlicherweise, denn allseits bekannt sind diese Begriffe hier in Deutschland noch nicht. Crowdpublishing ist nicht alt, sondern wagt Neues. Eines der Grundmaxime des Crowdpublishing allerdings, so viel sei schon mal verraten, ist eigentlich gerade seine Transparenz. Und deshalb soll hier mal ganz ohne hübsche englische Begriffe und in aller Transparenz erklärt werden, was Crowdpublishing eigentlich ist.

Crowdpublishing: Gemeinsam ein Buch veröffentlichen

Crowdfinancing & Crowdsourcing

Crowdfinancing und Crowdsourcing sind beides Formen der Schwarmfinanzierung, das heißt übersetzt: Viele Menschen finanzieren zusammen ein Projekt. So weit, so gut.

Crowdsourcing geht über diesen finanziellen Aspekt noch hinaus. Das heißt, ein Projekt wird durch die Mitwirkung einer Gruppe von Personen realisiert, die nicht zwingend Geld, sondern noch Wertvolleres mit einbringen können: Ihre individuellen Ressourcen, Talente, Fähigkeiten und Erfahrungen. Die Mitglieder der „Crowd“ können und sollen bei der Entstehung eines Buches aktiv mitwirken. Wie wir alle wissen: Teamwork makes the dream work. 

Crowdfinancing: Hier geht es jetzt ums Eingemachte, um die tatsächliche finanzielle Unterstützung. Seitens der Unterstützer*innen ist dabei keine spezielle Expertise notwendig; wichtig sind vielmehr ihre Begeisterung für das Projekt und ihr Wunsch, dass es schlussendlich Realität werden kann. 

Zusammengefasst also ergibt sich folgende Gleichung:

Crowdfinancing + Crowdsourcing + Publishing = Crowdpublishing

Was kann Crowdpublishing? 

Jetzt stellt sich natürlich noch die Frage: Wieso eigentlich Crowdpublishing? Welchen Nutzen birgt es für Verleger?

Natürlich spielt auch finanzielle Sicherheit eine Rolle; ein vorfinanziertes Projekt, bei dem man weiß, dass es von einer gewissen Anzahl an Personen beworben und unterstützt wird, bedeutet weitaus weniger Risiko. Gedruckt wird nur, was auch gelesen werden will, und veröffentlich wird nur, was schon bezahlt ist.

Des Weiteren tun sich viele Verlage schwer damit, eine Marke zu kreieren und in den Köpfen der Leser präsent zu sein. Reclam beispielsweise ist eine der Ausnahmen mit seinen kleinen gelben Heftchen, von denen Studenten der Geisteswissenschaft immer mindestens eins mit sich im Rucksack herumschleppen.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Sehr viele Menschen unserer westlichen Hemisphäre kennen Harry Potter (es wird eher schwierig sein, Leute zu finden, die noch nie von diesem Buch gehört haben). Schon weniger, aber immerhin noch einige Personen kennen weiter den Namen der Autorin. Ja, und wer hat „Harry Potter“ verlegt? Wie heißt der Verlag, die die Bücher lektoriert, beworben und herausgebracht hat? – Hmm. Ja, genau. Keine Ahnung. Crowdpublishing versucht, indem es eine „Crowd“, eine Gemeinschaft, aufbaut und in die Verlagsprozesse miteinbezieht, genau das zu ändern.

Die Crowd fürs Crowdpublishing

Check-Liste Crowdpublishing

 Wie läuft nun so eine Kampagne ab?

  • Zunächst wählt man, wer hätte es gedacht, ein geeignetes Projekt, in diesem Fall also ein vielversprechendes Manuskript, aus.
  • Dann wird eine Kampagne vorbereitet, die benötigte Finanzierungssumme wird kalkuliert, die Marketingmaßnahmen werden überlegt, und so weiter und so fort.
  • Sobald die Kampagne losgeht, heißt es vor allem, eine künftige Leserschaft aufzubauen, die hinter dem Projekt steht, es mitgestaltet und mitfinanziert. Dabei ist es wichtig, das Projekt zu behandeln wie ein pflegebedürftiges Baby, das rund um die Uhr Betreuung braucht.

Eine Crowdpublishing-Kampagne bedeutet ein langfristiges Konzept und verlangt ständige Flexibilität, Kommunikation, Nachbearbeitung und Anpassung.

Was kann beim Crowdpublishing schief gehen?

 Wie jedes Konzept hat auch das Crowdpublishing seine Nachteile. Wird eine Strategie nicht gut genug durchdacht oder das Projekt nicht angemessen betreut, kann es an die Wand fahren. Vor allem die Bereiche Werbung, Marketing und Kommunikation spielen beim Crowdpublishing eine große Rolle – man benötigt eben eine „Crowd“, heutzutage vor allem zu erreichen über das Internet und Social Media. Das ist nicht „traditionelles“ Verlagswesen und vielleicht auch nicht jedermanns Sache.

Dazu kommt, dass ein begonnenes Crowdpublishing-Projekt nicht bedeutet, dass man am Ende ein fertiges Buch in den Händen hält. Tatsächlich gilt es als normal, dass mindestens die Hälfte aller Crowdpublishing-Projekte nicht realisiert werden kann. Unbestritten lernt man auch aus Fehlern, schade ist es aber dennoch um die vertane Mühe – und eine Enttäuschung für Autor*innen, die ihr Manuskript vorgestellt haben. Trösten kann man sich immerhin damit, dass für niemanden ein finanzieller Verlust stattfindet und ein gescheitertes Projekt als eine Art „Markttest“ verwertet werden kann.

 

Das fertige Buch

Raus aus dem Elfenbeinturm!

Ein bisschen Wagemut und ein bisschen Idealismus schwimmen also schon auch mit. Die klassische Verlagswelt funktioniert in großen Teilen immer noch wie eine Papier-und-Tinte-Fabrik im höchsten Zimmer des verriegelten Elfenbeinturms; dort oben wird hinter verschlossener Tür produziert und ein fertiges Buch wird aus dem Turmfenster in den Markt geworfen mit den Worten: „Da! Lies!“

Dieser Vorgang soll, zum Vorteil sowohl des Verlags als auch der Leser*innen, aufgebrochen werden; statt Elfenbeinturmproduktion geht’s mitten rein ins Marktgewimmel. Da bestimmen Leser und Leserinnen und potentielle Käufer*innen je nach Buchprojekt mit, wie beispielsweise das Layout aussehen soll, wie die Geschichte weitergeht, welche zusätzlichen Produkte zum Buch angeboten werden könnten (zum Beispiel passende Lesezeichen) … und natürlich entscheiden sie vor allem darüber, was überhaupt gedruckt werden soll. Ohne Unterstützung und ohne Markt kein Projekt und kein Buch. So einfach ist das.

Unsere eigenen Crowdpublishing-Projekte findest du hier.

Was sind eure Gedanken zum Crowdpublishing? Kanntet ihr das Konzept bereits oder ist es euch neu? Haltet ihr es für eine coole und innovative Art, Verlag zu denken, oder wäre euch das Risiko zu hoch, dass das Projekt nicht klappt? Lasst doch gerne mal einen Kommentar da.