Seite wählen

Tags: Allitera, Verlag, Corona-Krise

Autor/in: Caroline Breitfelder

Für diesen Text benötigst du etwa 6 Minuten

Der Allitera Verlag ist ein kleiner bayerischer Verlag mit Sitz in München. Mit einem ausgewählten Verlagsprogramm legt er den Fokus auf anspruchsvolle Bavaria- bzw. Monacensia-Literatur und veröffentlicht sowohl Sachbücher wie auch Belletristik. Die aktuelle Covid-19-Krise jedoch hat dem kleinen Verlag, wie so vielen anderen deutschen Verlagshäusern, einen schweren Schlag versetzt. Bookbakers hat sich zusammengesetzt mit vier Vertretern des Verlags: Alexander Strathern, Geschäftsführung; Annika Kirsch und Lisa Heller, Marketing & Vertrieb; Vanessa von Proff, zuständig für Presse und Kommunikation.

Bookbakers fragt… den Allitera Verlag

Bookbakers: Was meint ihr: Warum lohnt es sich, ein Interview mit Allitera zu führen?

Annika Kirsch: Weil unser kleiner bayerischer Verlag trotz seines nun 20-jährigen Bestehens vielen Leuten noch unbekannt ist, aber mit seinem erlesenen Programm den ein oder anderen sicherlich positiv überraschen mag. Wir geben gerne einen „echten“ Einblick hinter die Kulissen und freuen uns auf das Interview!

Bookbakers: Dankeschön. Kurz und knackig: Was macht den Allitera-Verlag besonders?

Annika Kirsch: Die Leidenschaft, mit der das gesamte Team agiert! Von der Auswahl der Manuskripte über den Herstellungsprozess bis hin zur Marketing-, Presse- und Vertriebsarbeit steckt jeder Verlagsmitarbeiter sehr viel Herzblut und Liebe zum Detail in die Projekte, sodass wundervolle Bücher entstehen.

Allitera ist anders

Bookbakers: Euer Slogan: „Bayern. Anders. Allitera.“ – Was macht euch Bayern? Was macht euch anders?

Vanessa von Proff: Bayern sind wir, weil wir uns der bayerischen Literatur verschrieben haben. Ob Bücher zur Geschichte Münchens oder Erzählungen aus dem Voralpenland – mit unserem Verlagsprogramm möchten wir die Vielfalt literarischer Schätze und Themen, die Bayern bereithält, abbilden. Anders sind wir, weil wir Bücher fernab von jeglichen Klischees und ohne Volkstümelei veröffentlichen. Stattdessen entdecken wir die Werte und Traditionen unserer Heimat täglich neu.

Bookbakers: Alexander, was bedeutet Dir als Geschäftsführer Dein Verlag?

Alexander Stathern: Ich habe im Allitera Verlag als Volontär angefangen, es war mein erster „richtiger“ Job nach dem Studium. Die Arbeit hier hat mir vom ersten Tag an Freude bereitet – und so ist es bis heute geblieben. Über die Jahre wurde ich dann Co-Geschäftsführer, später alleiniger und schließlich auch Inhaber des Verlags. Ich gehe seit 12 Jahren täglich gern ins Büro, freue mich auf den Austausch mit meinen Kolleginnen und Kollegen, spreche gerne mit Autorinnen und Autoren und habe den großen Luxus, mir aussuchen zu können, welches Buch ich gerne verlegen möchte. Es ist eine Arbeit, die mir unendlich viel Freude bereitet, bei allen Widrigkeiten, die diese schwierige Branche so mit sich bringt. 

 

Bookbakers: Worauf konzentriert sich euer Verlagsprogramm vor allem?

Vanessa von Proff: Unser Verlagsprogramm konzentriert sich auf anspruchsvolle Bavaria- sowie Monacensia-Literatur. In diesem Segment publizieren wir vorwiegend Sachbücher sowie Belletristik, aber auch wissenschaftliche Titel und das ein oder andere Kinderbuch finden ihren Platz in unserem Verlagsprogramm.

 

Ernst-Karl Obermayr bei Allitera

Die Lieblingsbücher

Bookbakers: Welche drei Bücher, die ihr bis jetzt verlegt habt, haben Dir, Lisa, am besten gefallen? 

Lisa Heller: Sich hier auf drei Bücher zu beschränken, ist nicht gerade einfach. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich folgende Bücher auswählen, da sie sowohl inhaltlich als auch grafisch sehr ansprechend sind: Zum ersten »Bayerns Mythen«, ein »Kulturreiseverführer«, verfasst von der Reisejournalistin und Buchautorin Sonja Still. Sie nimmt den Leser mit auf sechs ganz reale Ausflüge zu den Lebens- und Wirkungsstätten von bayerischen Mythen mit. Man kann mit dem Buch also wunderbar auf Wanderung bzw. Entdeckungstour gehen. 

Das zweite Buch ist vor allem für Münchner und München-Liebhaber interessant: In »Das Bier, das Leuchten und der Grant« nimmt Michael Kubitza und auf eine für alle Sinne spürbare, faszinierende und unterhaltsame Zeitreise ins München um 1900. Da ich persönlich diese Epoche besonders spannend finde, kein Wunder, dass ich mich für dieses Buch entscheide. 

Als Drittes entscheide ich mich für die Sagenreihe von Karl-Heinz Hummel. Unter dem Titel »Sagenumwobenes Bayern« hat der Autor mittlerweile vier Bände zu unterschiedlichen Themen bei uns veröffentlicht. Die einzelnen Erzählungen sind so kurz, dass man sie gut mal zwischendurch oder am Abend zum Einschlafen lesen kann, ohne den Faden zu verlieren. Alle Bücher sind von Bernd Wiedemann ausdrucksstark illustriert worden, Text und Bild ergänzen sich ganz ausgezeichnet. Dass ich von der Reihe so angetan bin, liegt vielleicht auch daran, dass ich schon mehrmals Lesungen des Autors besucht habe. Seine Qualitäten als Autor, Musiker und Kabarettist machen Live-Auftritte zu einem ganz besonderen Erlebnis!

Allitera goes Hollywood?

Bookbakers: Und wenn Du ein Buch aus eurem Programm auswählen müsstest, das verfilmt werden sollte – welches würdest Du wählen und wer sollte die Hauptrolle in der Verfilmung spielen?

Lisa Heller: Ich würde den Titel »Der Fall Fanny von Ickstatt« auswählen, ein faszinierendes Stück bayerischer Zeitgeschichte, das tatsächlich packender als jeder Krimi ist! Es bietet definitiv den Stoff für eine spannende und mitreißende Verfilmung. Die erst siebzehnjährige Fanny von Ickstatt fällt vom Nordturm der Münchner Frauenkirche, überlebt den Aufprall, um kurz danach an ihren schweren Verletzungen zu sterben. Was hinter dem mysteriösen Sturz steckt, ob es ein Unfall war oder gar Selbstmord aufgrund einer Familientragödie, das soll aufgedeckt werden. In der Hauptrolle könnte ich mir gut das junge, ausdrucksstarke Schauspieltalent Emma Watson vorstellen, die durch ihre Rolle als Hermine Granger in den Harry-Potter-Verfilmungen weltweit berühmt wurde.

Und was hat Corona damit zu tun?

Bookbakers: Das würde ich auch gern sehen. – Aber nun zur aktuellen Lage: Wie hat die Covid-19-Krise euren Verlag getroffen und euren Arbeitsalltag beeinflusst? 

Lisa Heller: Die Corona-Krise hat unseren Arbeitsalltag tatsächlich von heute auf morgen komplett geändert. Als eingeschworenes kleines Team haben wir zuvor stets von unserem Büro in Neuhausen aus gearbeitet, was ein enges Miteinander zuließ. Mal schnell rüber ins Zimmer der Kollegin vom Lektorat und sich Tipps für den Vertrieb eines neuen Buches zu holen, das war jederzeit möglich.

Von heute auf morgen haben wir unsere Arbeitsplätze ins Homeoffice verlagert. Gerade sitzt nun jeder an seinem Schreibtisch zu Hause und arbeitet in seinen eigenen vier Wänden, was für mich eine völlig neue Erfahrung ist. Ich muss jedoch sagen, dass mich die kuriose Zeit eines Besseren belehrt hat und die neue Erfahrung durchaus auch positive Seiten hat. Dennoch vermisse ich es sehr, täglich meine Kollegen zu treffen.

Wir nutzen jetzt natürlich vermehrt digitale Medien, sowohl zum Austausch untereinander als auch für die Bewerbung unserer Bücher. So bedrückend die erste Zeit im Lockdown auch war, sie hat dennoch einmal mehr bewiesen, wie eng der Zusammenhalt im Team ist, aber auch – und dafür sind wir sehr dankbar – wie solidarisch unsere Autoren, Partner und Kunden sind. Das tut gut zu wissen und birgt eine ganz eigene Energie.

Abgesehen von den räumlichen Veränderungen muss man aber auch ganz klar sagen, dass die Covid-19-Krise für uns als kleiner Verlag extreme finanzielle Auswirkungen hatte und noch hat und durchaus auch existenziell ist. Nicht nur der Buchhandelsumsatz ist stark eingebrochen, auch Nebenmärkte waren bis vor kurzem geschlossen und laufen nur sehr langsam wieder an.

 

Die Zukunft des Verlages

Bookbakers: Welche Projekte habt ihr derzeit? 

Lisa Heller: Obwohl wir so klein sind (9 festangestellte Mitarbeiter), laufen bei uns immer erstaunlich viele Projekte nebeneinander, sodass ich alle hier gar nicht aufführen kann. Ich greife mal ein paar interessante Buchtitel heraus. Eines davon ist die Biografie zum Schauspieler Karl Obermayr, zu der wir gerade auch eine Crowdfunding Kampagne bei den Bookbakers laufen haben. Hauptsächlich bekannt ist er als Gegenspieler des Monaco Franze in der gleichnamigen Kult-Serie von Helmut Dietl. Darin spielte er die Rolle des Manni Kopfeck. Ihn darauf zu reduzieren, wird seiner Person aber nicht gerecht und genau hier setzt die Biografie an.

Außerdem ist gerade ein neues Sagenbuch aus der oben genannten Reihe »Sagenumwobenes Bayern« in Arbeit, die »Berggeistersagen«, daneben eine Erfolgsgeschichte des Circus Krone, Europas größtem Zirkus, und ein Bildband über Villen und ihre berühmten Bewohner am Starnberger See (»Sehnsucht Starnberger See«). Auf einem Rundgang um den See macht die Autorin Station bei verschiedenen historischen Villen und porträtiert deren Bewohner, oft prominente Künstler, Maler, Musiker oder Sportler, die mitunter dazu beitrugen, dass dieses schöne Stück Erde bis heute so viele Sommerfrischler anlockt. 

 

Bookbakers: Wenn wir schon über Zukunftsprojekte sprechen: Lisa, was wünschst Du Dir für Deinen Verlag? 

Lisa Heller: Ich wünsche mir, dass wir als Team weiterhin so viel Spaß und Freude an unserer Arbeit haben wie bisher und sich die Arbeit trägt! Dass sich unser Teamspirit, unsere Kreativität und unser Elan irgendwann auszahlen, unsere Bücher und Autoren noch stärker wahrgenommen werden und wir uns finanziell keine Sorgen machen müssen, sondern auf einem soliden Sockel stehen.