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Tags: Buch, Buchenden

Autor/in: Caroline Breitfelder

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Der Fremde im Wagon

Es war einmal ein kleines Mädchen, das war gut und mutig und rettete die Welt mithilfe einer Schildkröte, eines Straßenfegers, eines Geschichtenerzählers und einer Menge Zeit. Dieses Mädchen hieß Momo. „Momo“ ist meiner Meinung nach eines der schönsten und weisesten Kinderbücher, die je geschrieben wurden.Michael Ende, der Autor, dachte sich für diese wundervolle Geschichte auch ein großartiges Ende aus.

Die Erzählung von Momo ist gebettet in eine Rahmenhandlung, von der wir als Leser/innen erst ganz am Ende erfahren. Hier schreibt Michael Ende nämlich, dass er die ganze Geschichte nur aus seinem Gedächtnis niedergeschrieben habe, so, wie sie ihm ein Fremder einst auf einer Eisenbahnreise erzählt hatte – ein Unbekannter, dessen Alter kaum zu bestimmen ist und für den Zeit keine wirkliche Rolle zu spielen scheint … Fehlt nur noch, dass ihn eine Schildkröte begleitet …

Im Epilog gibt Ende, der gerade eines der schönsten Kinderbücher aller Zeiten geschrieben hat, symbolisch seinen Ruhm an diesen Fremden ab und fügt hinzu: „Leider bin ich dem Erzähler seither nicht wieder begegnet. Aber falls ich ihn zufällig noch einmal treffen sollte, dann möchte ich ihn vieles fragen.“ – Ich auch, Michael. Ich auch.

Das kleine weiße Pferd

… So heißt das Kinderbuch, das nach Angabe von J.K. Rowling, der Autorin von Harry Potter, sie als Schriftstellerin inspirierte. Von Elisabeth Goudge 1940 geschrieben, ist die Geschichte von Maria Merryweather ein etwas längeres, charmant geschriebenes Märchen über Gut, Böse und das Dazwischen.

Der Schluss ist demnach auch ein richtiges „Wohlfühlende“, nach welchem man das Buch
lächelnd schließt, beiseitelegt und noch ein wenig weiterträumt über das schöne Tal, in dem ein kleines Dorf mit gepflegten Hüttchen liegt; über das märchenartige Schloss, in dem Marias Verwandter Sir Benjamin mit seinem Löwenhund haust und in dessen Küchengewölbe der Zwerg Marmaduke kulinarische Meisterwerke zubereitet und mysteriöse Ratschläge gibt; voneinem gewissen rotwangigen, lachenden Robin, der über die grünen Hügel tanzt und an dem Marias Herz hängt … Und von einem kleinen weißen Pferd natürlich, das bei Mondschein durch den Wald galoppiert …

Ein Abschiedsbrief

Wie wäre es wohl, wenn ein Fremder anfinge, dir Briefe zu schreiben? Über eine lange Zeit
hinweg, du quasi sein Tagebuch wirst und ihn so zu einer intensiven Zeitspanne seines Lebens begleitest, ohne jemals zu wissen, wer er eigentlich ist? – Dieser Idee folgt das Jugendbuch „Das also ist mein Leben“ von Stephen Chbosky. Charlie, ein Junge, der unterbewusst an einem Kindheitstrauma leidet und sich mit Gleichaltrigen schwer tut, schreibt als eine Art Therapie Briefe. Jene schickt er an immer dieselbe Person ab, die er zwar nicht persönlich kennt, aber von der er nur Gutes gehört hat.

Diese Briefe lesen wir als Lesepublikum ebenfalls und begleiten Charlie auf seinem manchmal steinigen Weg durch die High School. Wir erleben mit, wie er Freunde findet und verliert, sich verliebt und nach und nach beginnt, seine psychischen Probleme anzugehen. Sein Abschiedsbrief, der letzte, den er schreibt und mit dem die Geschichte endet, ist rührend und hoffnungsvoll und ein gelungenes Ende für einen gelungenen Roman.

Kunstvoll, kunstvoller, Oscar Wilde

In einem seiner Bücher schreibt Walter Moers indirekt über Oscar Wilde, dass dieser gar nicht in der Lage gewesen sei, etwas Geistloses zu sagen. Flapsig, aber wahrscheinlich wahr. Oscar Wildes Kurzgeschichten sind kleine Literaturperlen; ab und an etwas kitschig vielleicht, aber schön, elegant und meistens mit einer klugen Botschaft.

So auch die Geschichte von dem „Devoted Friend“, dem ergebenen Freund, in der wir Hans folgen. Hans hat ein so gutes Herz, dass er nicht merkt, dass er gnadenlos ausgenutzt wird. Ausgerechnet derjenige, den er als seinen „besten Freund“ bezeichnet, nämlich der gierige Müller, profitiert schamlos von Hans‘ Sanftmut und tut sich an Hans‘ Blumen, seinem Besitz und seiner Arbeitskraft gütlich, ohne je etwas zurückzugeben. 

Die Rahmenhandlung der Erzählung besteht aus einem Hänfling (ein kleiner Vogel), der einer äußerst egoistischen Wasserratte eine Metapher über Freundschaft erzählen und damit eine kluge Lektion erteilen will. Am Ende düst die Wasserratte empört und unbelehrt ab. Eine vorbeischwimmende Ente fragt, was denn da los sei und der Hänfling meint, dass er befürchte, er habe die Wasserratte verärgert. „Es ist so: Ich habe ihm eine Geschichte mit einer Moral erzählt“, erklärt der Hänfling. Da erwidert die Ente bloß, dass dies immer eine gefährliche Sache sei. Und Oscar Wilde schließt seine Geschichte so: And I quite agree with her.

Ende gut, alles gut?

Natürlich ist ein guter Schluss nicht alles, was es zu einem gelungenen Buch braucht. Aber es ist immerhin der letzte Eindruck, der von der Geschichte bleibt, wie ein Nachgeschmack, der entweder gut und prickelnd sein kann oder eben … etwas fad. Einige Bücher plätschern etwas unspektakulär aus oder schaffen es nicht, alle Fäden der Handlung befriedigend zusammenzuführen. Schön ist es, wenn am Ende die Geschichte zwar vorbei und rund abgeschlossen ist, aber doch noch kleine Überraschungen auf einen warten, wie zum Beispiel bei den Büchern von Jonas Jonasson, die mit einem Augenzwinkern schließen. Alles im allem kann man sagen: Ende gut, einiges gut!